ERFAHRUNG: Crowdfunding für die Ausstellung „Cassette Culture Node.Linz“

Im Dezember 2017 hat der Musiker Wolfgang „Fadi“ Dorninger (u.a. Wipeout) seine Crowdfunding-Kampagne zur Ausstellung „Cassette Culture Node.Linz“ erfolgreich abgeschlossen. Im Vorfeld habe ich mich mehrmals mit Fadi unterhalten und ihm Tipps gegeben, unter anderem im Rahmen der Crowdfunding-Sprechstunde der CREATIVE REGION Linz & Upper Austria. Vor ein paar Tagen hat er mir seine Learnings via Mail geschickt und ich finde diese sehr wichtig. Daher habe ich ihn gefragt, ob ich seinen Text veröffentlichen darf und er hat zugestimmt. Hier seine E-Mail:

Lieber Wolfgang,

Danke für deine Informationen vor dem Crowdfunding. Ich möchte Dir ein ausführliches Feedback geben, damit du etwas zurück bekommst.

Zum Inhalt:
Damit steht und fällt alles. Mein Text war laut Simone (Anmerkung: Simone macht Projektberatung & Kommunikation bei wemakeit in Österreich) zu lang, er las sich ihrer Meinung aber gut. Ich denke, dass die Texte auf wemakeit wichtig waren, aber in meinem Fall die meisten Funder nur deshalb mitgemacht haben, weil sie wissen, dass bei mir der Inhalt stimmt und ich ihnen sowieso beim nächsten Treffen alles erzählen werde/muss. Viele haben sich zwar auf der Plattform über das Projekt schlau gemacht haben, aber sie lieben halt den O-Ton.

Dass ich später noch den Text auf Englisch übersetzten ließ, war ganz wichtig. Daraufhin hat die internationale „Cassette Culture Community“ gute Stimmung gemacht, wobei über diese Kanäle aber nicht kaum finanzielle Unterstützung kam. Aber deren Feedback hat dann doch Leute ermutigt, die sich nicht sicher waren, dabei zu sein. Es gehört scheinbar zur Österreichischen Seele, dass positives Feedback von wichtigen Leuten aus dem Ausland alles viel leichter macht.

Zur Relevanz:
Man redet sich schnell ein, wer relevant ist, interessiert sei und perfekt zum Crowdfunding passt. Völliger Blödsinn. Die Kernzielgruppe findet es super, hat aber kein Geld, keine Kreditkarte, bevorzugt Paypal, aber will keine Datenspuren bei fiesen Konzernen hinterlassen. Manche wollen mir später noch Geld in die Hand drücken.

Fakt ist, dass viel Geld von Leuten gekommen ist, die ich gar nicht fragen wollte, weil sie nicht ins „Beuteschema“ gepasst haben. Fakt ist auch, dass langjährige Weggefährten, äußerst gezielt Werbung bei ihren interessierten Freunden machen, wenn sie am Projekt gefallen finden und auf diese Weise wirklich was zusammen kommt. Motto: „Das muss passieren! Ich kenne da jemanden…“. Und schon passiert was auch mit hohen Summen.

Fakt ist ebenfalls, dass an den Tagen, an denen ich nicht aktiv war, auch keine Eingänge auf wemakeit zu verzeichnen waren. Fakt ist auch, dass ohne Hingabe nichts geht. Es geht dabei immer um die Sache, das was man etwas tun will. Alle wollen spüren, dass du dahinter stehst. Es ist wie auf der Bühne. Spürt dich das Publikum nicht, weil du leer bist, dann passiert auch nichts. Crowdfunding ist eine Bühne. Einige wollen dich absaufen sehen, andere wieder fiebern mit, andere wieder werden zum Promoter.

Fakt ist auch, dass wichtige Personen ganz wichtig sind, dass was voran geht. Man folgt halt gerne Siegertypen.

Zum Video:
Ich wollte kein kurzes Video drehen. Für Simone habe ich eine Kurzversion zusammengeschnitten, weil sie unbedingt eines für eine Aussendung wollte (Anmerkung von Simone: Es ging um ein Video für die wemakeit-Facebook-Seite, wo die Erfahrung klar ist, dass lange Videos weniger funktionieren. Das widerspricht nicht der Erfahrung, dass diese bei seiner Community gut ankommen).

Ich denke, dass die Videolänge davon abhängt, wofür man Geld sammelt. Ich habe das Crowdfunding für eine Ausstellung gemacht. Menschen, die in Ausstellungen gehen, nehmen sich dafür viel Zeit. Auch für ein vier Minuten Video. Die Vimeo Auswertung gab mir dann recht.

Zu den Printmedien:
Ich habe Medien kontaktiert, aber alles was nicht Mainstream ist, findet keinen Platz mehr. Randmedien funktionieren gut, aber nur, wenn der Content passt. Nach drei Tagen hatte ich das Mediending als Zeitverschwendung abgehakt. Ich denke, dass es bei Start-Ups anders ist, weil da alle Runtastic und Co. im Kopf haben.

Zum Radio:
Da ging viel. Radio Fro, Radio Marabu, Radio On. Die haben gleich Tapes von meinem damaligen Label DIE IND gespielt, da blieb es nicht bei trockener Materie. Musik-Crowdfunding-Kampagnen empfehle ich daher Radio! Air oder online ist gleich.

Zu Online und Sozialen Netzwerken:
Ganz wichtig! Ich bin mit Postings zum Crowdfunding sparsam gewesen, habe aber meine Online-Freunde mit direkter Anrede und persönlichen Fußnoten via Messenger eingeladen. Je persönlicher und direkter das war, desto effektiver. Facebook war sehr gut, Twitter weniger. E-Mails – also old school – lief auch sehr gut.

Zum Verhältnis von nah und fern:
Das ist bei lokalen Projekten schon wichtig, aber auch nicht wirklich. Ich habe auch Supporter aus Deutschland, Wien, Graz. Einige kommen sogar zur Ausstellung, anderen wollen/dürfen nicht mehr reisen.

Mein Resümee:

Pro: Ich habe Finanzmittel von der Crowd für ein definiertes Projekt bekommen. Mein Projekt hat dadurch die nötige Relevanz erhalten. Bei meinem Thema ist das nicht unwichtig, weil ich aus der Vergangenheit in die Zukunft blicken möchte, aber mit einem Medium, das eigentlich schon leicht museal ist.

Vor allem habe ich im Vorfeld schon einen kleinen Hype und viel Interesse entfachen können. Außerdem konnte ich viele alte Kontakte erneuern und neue Mitstreiter dazu gewinnen. Lauter große Werte, die mich sehr positiv in die Zukunft blicken lassen.

wemakeit war ein guter Partner, ich werde sie gerne weiter empfehlen. Ich mag auch die Vereinsform von wemakeit. Paypal hätte noch gut € 500,- gebracht, wenn ich den Versprechungen glauben schenken mag.

Contra: Man kommt sich schon sehr „bittstellerisch“ vor beim Crowdfunden. Auch wenn man ein gutes Produkt und feine „Belohnungen“ anbieten kann.

Danke nochmals für deine Hilfe im Vorfeld!

lg Wolfgang „Fadi“ Dorninger

 

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