Im Mai 2017 fand in dem kleinen Ort Hailtingen in Oberschwaben ein Musik-Festival der besonderen Art statt, das Festival ohne Bands. Dass es sich dabei nicht um einen Scherz handelte, bewiesen rund 2.000 Festival-BesucherInnen. David Lüke ist einer der Organisatoren und hatte die Idee zu diesem Band-losen Musik-Event schon vor mehreren Jahren. Wie es dazu kam und warum er und seine KollegInnen sich für Crowdfunding als Finanzierungsmodell entschieden, erzählt er im Interview.
Wolfgang: David, du bist einer der Mit-Organisatoren vom Festival ohne Bands. Erklär‘ doch bitte mal, was das ist.
David: Das Festival ohne Bands ist ein Festival ohne Bands. Es ist ein komplettes Festival mit Bauzaun, Campingplatz, Bühne, Infield, Fressmeile, Security, Dixie und Wasserspüler und eben allem was ein unvergessliches Festival braucht. Bei uns gibt es halt einen Unterschied, von unserer Bühne kommt zwar Musik, es steht jedoch keine Band drauf.
Wolfgang: Wie ist es dazu gekommen und warum habt ihr euch für einen Ticket-Verkauf via Crowdfunding entschieden?
David: Wir hatten die Idee schon vor gut 10 Jahren auf einem Festival, bei dem wir nur 2 Bands geschafft haben. Da ich mittlerweile öfters das Gefühl hatte, dass es vielen da draußen auch ums „drum herum“ auf einem Festival geht, haben wir die Idee wieder aufgegriffen. Der Zuspruch spricht für sich: wir waren ausverkauft mit 2000 Leuten und das im 1. Jahr. Fürs Crowdfunding haben wir uns entschieden, da es extrem viel Geld kostet, so ein Festival auf die Beine zu stellen. Da wir uns nicht bei einer Bank Geld leihen wollten, haben wir die zukünftigen Gäste mit ins Boot genommen. So wusste jeder was Sache ist, wie auch unsere Zulieferer. Diese haben ebenso bis zum Fundingende ihr Vorleistung „for Free“ geleistet, um das Projekt zu unterstützen. Das Crowdfunding konnten wir dann deutlich erfolgreich mit 121% am Fundingende abschließen. Vielen Dank nochmal an alle Unterstützer – echt genial!
Wolfgang: Wieso habt ihr keine etablierte Crowdfunding-Plattform genutzt?
David: Das wollten wir am Anfang schon. Wir hatten vor den Gesprächen mit der Gemeinde im September 2016 noch nichts groß gemacht. Als wir von dort dann grünes Licht hatten, fingen wir von 0 an. Erstmal brachten wir unsere geliebte Homepage zum Laufen: festivalohnebands.de. Dort gab es dann auch das bekannte Barometer. Wir machten ziemlich viel Promo und die Plattformsuche geriet in Vergessenheit. Da bis Weihnachten 2016 so schon alles super lief, war eine etablierte Crowdfunding-Plattform ab dann nicht mehr nötig.
Wolfgang: Wie erfolgte die Ansprache der Crowd? Ihr hattet ja vorher noch keine Community?
David: Direkt auf Festen, Konzerten, Weihnachtsmärkten etc. Social Media-mäßig über Facebook und Whatsapp, dort haben wir mittlerweile einen Verteiler mit über 400 Empfängern. Wir sind keine Marketing und Media Profis. Wir haben Aktionen gestartet, mit denen man uns als Festivalfans abholen hätte können – aus der Crowd für die Crowd sozusagen. Die Medien sind ab Dezember 2016 auch richtig auf das Thema eingegangen. Das hat uns eine riesige Streuweite verschafft! Wir hatten Beiträge bis nach Bremen und in die Schweiz. Das Format ist eben eine neue revolutionäre und provozierende Idee. Aus der angesprochenen Crowd heraus bildete sich schnell eine begeisterte Fan-Gemeinde, die dann wuchs und wuchs…
Wolfgang: Wie hat eure Kampagne ausgesehen? Wie lange hat sie gedauert, welche Belohnungen gab es? Welche Summe habt ihr erreicht?
David: Unsere Kampagne war ganz einfach: Ein Ticket war die Crowdfunding-Beteiligung. Wenn es stattfinden sollte, berechtigte das Ticket zum Einlass aufs Festival (=Belohnung). Wenn wir es nicht gepackt hätten, hätte man gegen sein Ticket wieder die eingebrachten EUR 20,- zurückbekommen. Dazu gab es noch die Möglichkeit, uns mit einem freien Betrag zu unterstützen. So kamen zusätzlich über EUR 1.000,- zusammen. Alle, die zusätzlich gespendet hatten, haben wir noch auf einem Dankes-Banner verewigt. Das Crowdfunding lief von September 2016 bis zum 03.04.17. Eigentlich bis zum 01. April, aber das ist nicht der Tag an dem seriöse Nachrichten verteilt werden. Wir haben eine Summe von 24.200 € zusammen bekommen.
Wolfgang: Welche Schwierigkeiten und welche positiven Erlebnisse sind dir in Erinnerung geblieben?
David: Schwierigkeiten direkt gab es nicht. Was mein Eindruck war ist, dass manche nicht ganz verstanden haben, dass Sie ihren Einsatz bei einem nicht zustandekommen zurück bekommen. Was mir positiv in Erinnerung bleibt ist die Unterstützung von allen Seiten. Viele Unterstützer haben von vorne herein gesagt, die EUR 20,- kannst du behalten, auch wenn du es nicht schaffst, denn wir wissen was für eine Arbeit dahinter steckt. Unseren Fans und uns ist auch das Barometer ans Herz gewachsen. Für 2018 ist es bisher auf Tickets für 1.000 Gäste ausgerichtet. Davon haben wir schon wieder 41% zusammen. Was unglaublich war, ist eine Bestellung von 15 Tickets, die dann nochmal 100% des Ticketpreises als freie Unterstützung obendrauf gelegt haben! Echt genial, das hat uns gezeigt, wir sind auf dem richtigen Weg.
Wolfgang: Nun ist das Festival vorbei. Was nehmt ihr mit, sowohl vom Crowdfunding, als auch vom Festival selbst?
David: Das Festival war ein voller, ausverkaufter Erfolg! Wir haben unseren Traum wahr werden lassen. Die Gäste haben durchweg positives Feedback gegeben. Jeder hatte eine noch viel bessere Zeit, als wir es uns vorgestellt hatten. 2018 toppen wir das Ganze dann noch! Zum Crowdfunding kann ich nur sagen: es war der richtige Weg! Wer einen Traum hat, zu dem diese Finanzierung passt, der sollte dieses geniale Mittel nutzen. Das Risiko ist kalkulierbar, die Crowd wird zum Teil des Ganzen und gibt unvorstellbare Power. Crowdfunding, wir danken dir! Ohne dich gäbe es kein Festival ohne Bands und viele traurige Menschen mehr da draußen. Danke für das Interview, wir sehen uns 2018 vom 24. – 27. Mai in Hailtingen vor der Bühne oder an der Bar.
Wolfgang: Ebenfalls herzlichen Dank und viel Erfolg im kommenden Jahr!